Jörg Joppien

Ökologie und Ästhetik in der Architektur





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1. Ökologie

Die "Lehre vom Haushalt" beansprucht heute Ganzheitlichkeit. Es geht nicht nur um die Betrachtung des Einfamilienhaushaltes und seiner Küchenkasse, sondern globale Zusammenhänge dringen in das Bewußtsein der Haushaltsmitglieder ein, wie die Verwendung z.B. von Tropenholz oder Aluminium, der globale Wasser- und Sauerstoffhaushalt oder der globale Energieverbrauch bei der Herstellung von Baustoffen. Kernpunkt der Ökologie - ein Begriff aus der Biologie - ist heute die Wechselbeziehung zwischen Natur/Umwelt und Mensch, und die Untersuchungen von Gleichgewichten der Ökosysteme.
Interessant hierbei ist, daß in der Biologie Lebensgemeinschaften mit großem Artenreichtum ein stabiles, wenig störanfälliges, ökologisches Gleichgewicht aufweisen - hierzu später.

2. Ästhetik

Ist die Lehre von den durch sinnliche Wahrnehmung gewonnenen Erkenntnissen, auch die Lehre vom Schönen in Kunst und Natur oder die Lehre von den Gründen unserer Geschmacksurteile. Der Begriff "Ästethik" wird erst seit dem 18. Jahrhundert verwendet.
Es wird leicht vergessen, daß die Ästhetik -ein Begriff aus der Philosophie- nicht nur die "künstliche", sondern auch die "natürlichen" Quellen in seine Wahrnehmungsuntersuchungen miteinbezieht. Der Begriff der Ästhetik bekommt heute zumeist einen elitären Anstrich. Der Ästhet gilt als ein Mensch mit einem Geschmacksurteil, das zuweilen arrogant oder abgehoben auf seine Umwelt wirkt.

3. Architektur

3.1. Ästhetik in der Architektur
Bezogen auf die Architektur erhält die Ästhetik als Untersuchung der sinnlichen Wahrnehmungen z.B. des Raumes und seiner Maßverhältnisse durch die Proportionslehre, der Farben durch die Farblehre und des Klanges durch die Akustik ihren Stellenwert einerseits durch ihre erhoffte positive Wirkung auf den Menschen, andererseits aber auch als Selbstzweck im Sinne einer Architektur als autonomes Kunstwerk.
Dabei spielen gesellschaftliche, historische, insbesondere kunst- und baugeschichtliche sowie philosophische Belange eine tragende Rolle. Was ist z.B. das Überflüssige in der Architektur?

3.2. Ökologie in der Architektur
Der Ökologie-Begriff kann, bleibt er in seinem Ganzheitlichkeitsanspruch konsequent, die Aspekte der Ästhetik nicht außer acht lassen, denn Faktoren des "Raumklanges" in Stadt und Gebäuden haben erheblichen Einfluß auf die Sinne des Menschen. Schallschutz, Wärmeschutz, Feuchtigkeitsschutz, Lärmschutz, Sonnenschutz sind gängige Aspekte, die in das Bewußtsein eingedrungen sind, und die es zu berücksichtigen gilt. Sie bringen ihre Spezialisten und Speziallösungen hervor.
Ich war z.B. gerade auf Mallorca. Mallorca hat wunderbar saubere Strände, da es Kläranlagen gibt. Die unmittelbare Umgebung wird jedoch durch die an die Küste grenzenden Bauwerke verunstaltet.

3.3 Ästhetik als Kategorie der Ökologie
Einen "Hä§lichkeitsschutz" gibt es zumindest den Buchstaben des Gesetzes nach ebenfalls, wenn er auch nicht so stark ins allgemeine Bewußtsein gerückt ist. Es gibt z.B. in der Berliner Bauordnung den §10, den ich hier kurz zitieren möchte:
(1) Bauliche Anlagen müssen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe, so gestaltet sein, da§ sie nicht verunstaltet wirken.
(2) Bauliche Anlagen sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, daß sie das Straßenbild, Ortsbild oder Landschaftsbild nicht verunstalten...
Dieser ¤10 hat immer wieder zu viel diskutierten Gestaltungskomissionen geführt. Dies ist Aufgabe von Architekten, die somit leicht in die Kategorie der eingangs beschriebenen Ästheten gelangen, denn Schönheit ist schwer meßbar. Ich halte diese Komissionen fŸr durchaus sinnvoll, da die Wichtigkeit der Ästhetik in der Architektur dadurch grundsätzlich anerkannt wird. Der Maßstab der Schönheit der Architektur ist die öffentliche Debatte. von einer Art "Schönheitsspezialisten" über die Wirkung ihres Erscheinungsbildes. Ich bin der Ansicht, daß die Ästhetik sozusagen als Kategorie der Ökologie in der Architektur -Thema Häßlichkeitsschutz- eingeordnet ist.

3.4. Ökologie als neue Chance für die Architektur
Ökologische Inhalte erzeugen ganz neue Erscheinungsformen in der gebauten Umwelt. Diese stammen zumeist nicht von Architekten. Architekten wirken jedoch als Spiegelbild der Vorgänge in der Gesellschaft und sind in der Regel sensibilisiert diese Vorgänge wahrzunehmen und kreativ umzusetzen.
Die Industriearchitektur Ende des letzten und Anfang dieses Jhrd. ist von den großen Architekten aufgenommen worden und ihre Formensprache fand Eingang in allen Bereichen der Architektur. Das Motiv des weißen Schiffsdampfers bewegte eine ganze Architekturgeneration der 20er Jahre. Heute faszinieren windschlüpfrige Automobile oder die Windräderparks in Norddeutschland oder Californien. (5.Windrad) Es fällt auf, daß nach den inhaltichen Wirren der Postmoderne, mehr und mehr Elemente aus der Natur oder dem ökologischen Umgang mit der Natur, Richtungen für die Architektursprache setzen.
Demgegenüber steht ein gewisser Ökologieverdru§.
Der Schutz der Umwelt durch den vom Mensch verursachten Müll fŸhrte z.B. zu der Mülltrennung schon in den einzelnen Haushalten. In jüngster Zeit sind aber gerade hier Ermüdungserscheinungen zu beobachten. Ökologie sollte als Chance fŸr unsere Zukunft und nicht als neue Bürokratisierung der Umwelt verstanden werden.

3.5. Ökologie als Schutz vor der Monopolisierung von Baustoffen
Eingangs erwähnte ich den Aspekt, da§ Artenvielfalt in biologischen Ökosystemen weniger störanfŠllige Gleichgewichte ergeben, man denke z.B. an den Hecht im zu kleinen Teich. Ich möchte gerne diesen Gedanken auf die Baustoffe übertragen.
Erhalten gewisse Baustoffe oder Materialien eine Monopolstellung, können sie das ästhetische aber auch das ökologische Gleichgewicht stören.
Beton, Aluminium oder PVC sind dementsprechend kritisiert worden. Würde der Ganzheitlichkeitsaspekt in der Bewertung solcher Baustoffe seriöser betrachtet werden, sind diese Baustoffe nicht grundsätzlich "schlechter" als andere. Sie stören dann das ästhetische und ökologische Gleichgewicht, wenn sie z.B. die Artenvielfalt der regionalen Bauweisen zerstöšren.
Das ökologische und ökonomische Zusammenfügen der Materialien auf dem Bau ist ein spaßvolles und kreatives Spiel dessen Regeln ich mich als Architekt gerne unterwerfe.








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